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von Hanneke van't Veen und Prof. Dr. Maria J. Santos
Monopoly, Risk, Stratego; wahrscheinlich haben Sie schon von diesen Spielen gehört und mindestens eines davon in Ihrem Leben gespielt. Was macht diese Spiele so beliebt? Ich glaube, es ist die Tatsache, dass sie alle lose auf der Realität basieren und jedes Mal, wenn man sie spielt, das Ergebnis anders ausfällt. Das Ergebnis hängt vom Verhalten und den Überzeugungen der Menschen ab, die mit Ihnen spielen, von der Strategie, die Sie selbst anwenden, und vom reinen Zufall. Dies ist wohl auch ein Grundrezept für das Leben selbst. Ich, zum Beispiel, wurde zufällig von einer sehr unterstützenden Mutter in Holland geboren, nahm die Strategie an viele verschiedene Disziplinen, statt einer einzigen zu studieren und erhielt durch diese Vernetzung die Chance, an der Universität Zürich zu promovieren. Natürlich ist das Leben eine Billion Mal komplexer als jedes Brettspiel. Spiele ermöglichen es uns jedoch, bestimmte Rätsel und Teile des Lebens zu nehmen und dessen Verlauf über die Zeit zu simulieren, wenn verschiedene Spieler beteiligt sind.
In der Wissenschaft werden Spiele eingesetzt, um bestimmte Phänomene in der Gesellschaft besser zu verstehen, z.B. die Strategien von Kosmetikfirmen, die Art und Weise, wie Fischer fischen oder sogar wie regionale Klimaanpassungspolitiken umgesetzt werden. Es gibt viele verschiedene Arten von wissenschaftlichen Spielen und viele verschiedene Theorien, die es zu berücksichtigen gilt. Das bekannteste Spiel ist das Gefangenendilemma. Bei diesem Spiel müssen zwei Gefangene individuell entscheiden, ob sie miteinander konkurrieren oder kooperieren wollen. Kürzlich haben Wissenschaftler begonnen Spiele zu entwickeln, die abstrakte Versionen sehr komplexer realer Systeme, die man studieren möchte, darstellen und simulieren. Zusätzlich wird untersucht auf welche Art und Weise reagieren. Beispiele dafür sind Bycatch Diversity, ein Spiel zum kollektiven Lernen über Beifang-Vielfalt und -management, und AguAloca, ein Spiel, das sich auf die Integration von Wasserqualität und Landwirtschaft bei der Bewirtschaftung mehrerer Stauseen gleichzeitig konzentriert.
Spiele sind nicht nur ein großartiges Werkzeug für die Wissenschaft, sondern auch für das Lernen. Im GIUZ-Kurs "Land Change Science" (ESS246) verwenden wir Spiele, um den Schülerinnen und Schülern komplexe sozial-ökologische Systeme zu vermitteln. Unser Spiel konzentriert sich auf Holzkohle, einen wichtigen Biobrennstoff, der 40 Millionen Menschen in den Tropen ein Einkommen und Hunderten von Millionen Menschen Energie liefert und auch das Thema meines Doktorandenprojekts ist. Die Produktion von Holzkohle verursacht jedoch auch 7% der weltweiten Entwaldung und ist eine wichtige Ursache für die Walddegradierung. Während des Spiels spielen die Schülerinnen und Schüler die Rolle der Holzkohleproduzenten innerhalb eines Dorfes mit einem gewissen Waldanteil. Die Holzkohleproduzenten müssen ihren Lebensunterhalt durch die Produktion von Holzkohle sichern. Dabei müssen sie viele schwierige Fragen beantworten, wie z.B: Kooperieren Sie oder spielen Sie aus Eigeninteresse? Helfen Sie anderen, wenn sie in Not sind? Betrügen Sie, wenn Sie die Chance dazu bekommen? Wie interpretieren Sie einen guten Ausgang des Spiels? Sind die anderen Spieler auf derselben Seite wie Sie?
Wir haben bereits ein sehr interessantes und unterschiedliches Verhalten beobachtet, sowohl innerhalb als auch zwischen den verschiedenen Schülergruppen. Einige Gruppen sahen ein klares Endziel, einige arbeiteten eng zusammen, während andere Spieler gegensätzliche Interessen hatten. Verbesserungen des Spiels können stattfinden, wenn wir die Umstände und Grenzen der aktuellen Version des Spiels kennen lernen. Falls möglich, wird bereits in diesem Jahr der Versuch für eine neue Version (Version 2.0) gestartet.
Gesamtspiele für Forschung und Lehre ermöglichen es den Teilnehmern und Studierenden, die Komplexität sozial-ökologischer Systeme selbst zu erfahren, aber auch die Chancen und Schwierigkeiten kennen zu lernen, welche sich ergeben, wenn mehrere Personen an der Entscheidungsfindung beteiligt sind. Wir, von der Gruppe Erdsystemwissenschaften, freuen uns darauf, auch in Zukunft Spiele für Forschung und Lehre einzusetzen.